Samstag, 5. September 2015

Mythos entkräftet: Pit Bulls beißen nicht anders…

Richtig, die Entkräftung des Mythos "Pit Bulls beißen anders" ist nicht ganz neu. Die Verbreitung der Entkräftung ist aber weiterhin dringend notwendig, denn nicht nur der (illegal) fortgesetzte furchtbare Mißbrauch von Hunden gerade bestimmter Rassen - die allgemein unter "Pit Bull"-artige Hunde eingeordnet werden - für Hundekämpfe basiert u. a. auf diesem Mythos, sondern auch die bestehenden Rasselisten werden zumindest indirekt davon genährt sprich Politiker und Juristen werden davon beeinflusst wie leider auch manche "Fachleute" und selbst bei so einigen normalen "Pit Bull"-Haltern oder ansonsten durchaus aufgeklärten hundeinteressierten Menschen scheint dieser Mythos noch stark "eingebrandt" zu sein: Daher teilen wir hier nur zu gern den aktuellen und  fundierten Beitrag der US-amerikanischen Animal Farm Foundation, Inc. vom 01.09.2015 "Myth Busted: Pit Bulls Don´t Bite Differently", den wir nachfolgend für alle interessierten Leser auch ins Deutsche übersetzt haben - ein reges Teilen ist sehr erwünscht:

Deutsche Übersetzung des Artikels "Myth Busted: Pit Bulls Don´t Bite Differently"  der Animal Farm Foundation, Inc. vom 01.09.2015 durch den Vorstand des Vereins zur Abschaffung der Rasselisten e. V. - dies ist nicht unser eigener Original-Beitrag, daher ist auch unsere folgende Übersetzung als "Zitat" gekennzeichnet:


"Mythos entkräftet: Pit Bulls beißen nicht anders…

In den letzten Jahren wurde viel über die Hunde, die wir „Pit Bulls“ nennen und ihre Artverwandten, nachgeprüft. BSL (Breed specific legislation - "Rasselisten") ist auf dem Weg ins Aus. Tierheime, die Hunde aufgrund ihrer Erscheinung diskriminieren sind die Ausnahme. Die Ammenmärchen, die die Diskriminierung nährten,  wurden entlarvt und abgewiesen. Bis auf eins: Der Mythos, Pit Bulls würden anders beißen als andere Hunde, besteht noch immer.

Unbegründete Behauptungen, über die Schwere und die Art der Vorfälle mit "Pit Bull" -Hunden, im Vergleich zu anderen Arten von Hunden, bestehen immer noch. Behauptungen über die "einzigartigen Schäden“, die durch „Pit Bulls" verursacht würden, werden von Personen oder Interessengruppen, ohne Erfahrung in der Analyse von Beißstatistiken oder dem Wissen der Hundephysiologie oder deren Verhalten gemacht.

Wir wollen diesen Mythos nun ein für alle Mal entkräften.

Zunächst muss man verstehen, dass „Pit Bull“  keine Rasse ist. Es existieren weder Zuchtvereine noch genetische Definitionen über einen „Pit Bull“ - rechtliche Definitionen (oder die Versuche derer) über den Pit Bull sind widersprüchlich und unverschämt. Eine optische Bestimmung von Hunden unbekannten Ursprungs ist höchst unzuverlässig. Ganz ehrlich, Sie wissen nicht, ob es ein Pit Bull ist, wenn Sie einen sehen. Es ist ein höchst subjektiver Stempel ohne geeignete Definition.

Aber auch wenn Sie denken, dass Sie die Ausnahmen sind (Tipp: sind Sie nicht) und wissen, wenn sie einen Hund sehen, ob es sich um einen „Pit Bull“ handelt, sollten Sie wissen: Untersuchungen zeigen, dass die Rasse alleine nicht ausschlaggebend für das Verhalten der modernen reinrassigen Hunde ist.

Der moderne Hund wird fast ausschließlich nur für sein Aussehen gezüchtet. Wenn Sie glauben, dass zwei Hunde, die identisch aussehen, sich auch identisch verhalten (einschließlich, wie und wann sie beißen), zeigen Sie mangelndes Wissen über Hundezucht und Genetik. Selbst geklonte Hunde - gleiche DNA - verhalten sich nicht identisch.

Doch Einige bestehen immer noch darauf, vorhersagen zu können, wie schwer ein Hund beißen kann oder welche Art von Schaden er anrichten wird, nur aufgrund seiner körperlichen Erscheinung.

Das Ergebnis sind Falschaussagen wie: Sie beißen nicht öfter, aber wenn ein Pit Bull beißt, fügt er viel eher schwere Verletzungen zu als die meisten anderen Rassen. Oder aber: Da ihr Kiefer anders ist als der anderer Hunde, verursachen sie mehr Schaden, wenn sie beißen. Sie haben keine Beißhemmung, so dass sie häufiger Verletzungen verursachen. Oder gar der nicht ermüdende Mythos mit der „Tonnen über Tonnen“-Beißkraft:  Pit Bulls hätten die stärksten Kiefer aller Tierarten.

Diese Aussagen sind falsch. Sie sind alle unbegründet. Solche Behauptungen wurden niemals in der wissenschaftlichen Literatur nachgewiesen!

Und doch werden sie oft von medizinischen Autoren und Gesetzgebern, die keine Kenntnis über Hundeverhalten und den Ursprung dieser Mythen haben, wiederholt. Tatsächlich können die meisten dieser Ideen auf einen Reporter der LA Times im Jahre 1980 zurückgeführt werden.Von einer einzigen Person, die als „the dog fighter“ bekannt wurde. Eine Geschichte hat Jahrzehnte von Mythen hervorgebracht! Vielen Dank, Internet.

Es ist weitläufig unter den Hunde-Fachleuten bekannt, dass es keine wissenschaftliche Studie darüber gab, dass einzelne Hunde im Biss und Kampfstil variieren (d.h., wenn der Hund verärgert genug ist, um zu beißen), und schon gar nicht im Hinblick darauf, dies auf bestimmte Rassen zu begrenzen.
Auch allgemeines Konflikt- und Selbstverteidigungsverhalten kann nicht an Rassen festgemacht werden. Genau so wenig plausibel ist es, Untergruppen von Verhalten, wie Art und Dauer eines Bisses, bestimmten Rassen zuordnen zu wollen.

Es gibt keine glaubwürdigen Daten über die Schwere von Bissverletzungen bestimmter Rassen. Einige Berichte von Ärzten stellen die Behauptung auf, dass Pit Bulls bei schweren Verletzungen überrepräsentiert seien. Aber wieder wird nur über die augenscheinliche Identifikation gemutmaßt, die  Angaben sind unzuverlässig. Dies ist nicht überraschend, denn auch die umfassendste Studie über Beißunfälle mit Todesfolge hat gezeigt, dass auch in diesen intensiv untersuchten Fällen, bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle keine zuverlässige Identifizierung der Rassen möglich war.

Zeitungsreporter, Ärzte, Gesetzgeber, auch so genannte Hundeprofis verewigen weiterhin diese Mythen, basierend auf Hörensagen, Hype und unzuverlässigen Informationen.

Es gibt keine Fakten, die die Behauptung belegen können, dass Pit Bulls anders beißen oder mehr Schaden verursachen als andere Hunde.

Sehr unterschiedliche Behauptungen werden auch in Bezug auf die potenzielle Beißkraft des Hundekiefers aufgestellt. Die Ergebnisse einer Handvoll Studien sind nicht eindeutig. Klar ist, dass nie ein Wissenschaftler die lächerliche These, dass der Kiefer eines Pit Bull die Fähigkeit habe, mit 2700 psi zu beißen, erstellt hat. NIE. Es gibt Forschungen, die sich aber in einem anderen Zusammenhang mit diesem Thema beschäftigen. Hier geht es in erster Linie darum, wie viel Kraft ein Tier beim Fressen aufwenden muss und welche Kraft es für die verschiedenen Lebensmittel benötigt. Im Hinblick auf diese Forschung haben einige Forscher versucht, die Kieferkraft des Hundes zu messen. Unter den angegebenen untersuchten Rassen war der Pit Bull nicht vertreten.

von: "Myth Busted: Pit Bulls Don´t Bite Differently"

Jede Behauptung über die Beißkraft des Pit Bulls wird entweder einfach so gemacht oder ist vielleicht das Produkt eines unwissenschaftlichen Hinterhofexperiments. Es erinnert an die schattenhafte Gestalt des „Dog Fighter“, auf den so viel von dieser Mythologie zurückgeführt werden kann. Die tatsächlichen Werte, die bei Hunden im Allgemeinen erfasst wurden, können bei 13 bis 1394 Newton liegen. Newton ist die Maßeinheit, die bei solchen Studien Anwendung findet, nicht Pfund pro Quadratzoll!

Es wurden 4  verschiedene Methoden des Studiums der Kieferkraft durchgeführt. Eine Methode besteht darin, die Hebelkraft der Kiefer durch Analyse der oberen und unteren Kieferstrukturen zu untersuchen. Bei einer zweiten Methode wird dem narkotisierten Hund durch elektrische Stimulation verschiedener Muskelgruppen des Kiefers, der Kiefer geschlossen. Hier ermittelt man die höchste Zahl - vermutlich, weil der bewusstlose Hund sich keine Sorgen um abbrechende Zähne und brechende Kieferknochen macht. Diese Methoden versuchen zu ermitteln, wie viel Druck einem Hund zur Verfügung steht, bei maximaler Kraftanwendung - welche der Hunde widererwarten nicht in Konfliktsituationen anwendet. Bei einem dritten Verfahren werden dem Hund während er einen Knochen kaut, Elektroden an die Kiefermuskulatur platziert. Und schließlich wurde eine Vorrichtung erfunden - ein Wandler - der die Kraft des Hundes beim Kauen eines Objektes misst. Einige von diesen Studien setzten die Kieferkraft mit verschiedenen Größen und Formen des Schädels in Relation. Die vier Methoden führten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Verfahren mit dem narkotisierten Hund hat beispielsweise gezeigt, dass die Beißkraft, wenn auch nicht proportional, aber zumindest deutlich mit der Größe des Hundes, mit der Breite des Schädels und der Kürze des Kiefers steigt. Die anderen Studien belegen das nicht.

Unter den wenigen Studien, die die Rassen der Probanden angaben, untersuchte man 2 Rottweiler ähnlicher Größe: Der Test ergab, dass ein Hund mehr als drei Mal mehr Kraft aufbrachte als der andere. Es gab sogar noch einen dummen Versuch (diese Studie diente wohl eher der Unterhaltung des Fernsehpublikums): Hier wurde eine Druckerfassungseinrichtung in eine Hülse verbracht, diese wurde dann drei Hunden verschiedener Rassen gegeben, damit diese es packen und schütteln sollten. Es gab jedoch keine Möglichkeit festzustellen, welchen der Zähne der Hund benutze, ob er das Objekt trug oder wie sein eigenes Gewicht hier Einfluss nahm, wenn er sich am Objekt festbiss und daran hing. (Studien unterscheiden immer zwischen dem Druck von Eck- und Backenzahn.) Es wurde feierlich geschlussfolgert, dass die Beißkraft des Pit Bulls geringer ist, als die des Schäferhundes oder des Rottweilers. Diese Feststellung jedoch macht das „Experiment“ nicht weniger töricht.

Aber nicht eine einzige Studie belegt die Behauptungen über die Beißkraft von Hunden, die ständig in den Medien, den Verordnungen und den schlampig geführten Beißstatistiken zitiert werden. NICHT EINE!

Alle Hunde - egal welcher Rasse, Rasse-Mix oder Größe - haben Zähne und damit die Fähigkeit, uns erheblich zu schaden, wenn sie sich entscheiden, dies zu tun. Sie tun es nur selten. Konflikte zwischen Hunden und Menschen sind stark ritualisiert, zumindest aus Sicht des Hundes. Auch wenn sie versuchen, unser Verhalten zu beeinflussen, werden sie dies nicht mit ihren Zähnen tun. Der Fachbegriff hierfür ist die Beißhemmung (ABI). Dieses erlernte Verhalten ist rasseunabhängig.

Schließlich ist die American Veterinary Medical Association (AVMA) nach umfassender Überprüfung der Beißstatistiken in Nordamerika und anderen Gebieten zu dem Schluss gekommen, dass schwerwiegende Bissverletzungen von einer Reihe von Faktoren abhängen und eine Regelung, rein auf Rassezugehörigkeit basierend, keine Grundlage zur Verhinderung solcher Beissvorfälle ist.

Um es einfach auszudrücken:
Kein Hund wird biologisch mit einem einzigartigen Kiefer ausgestattet, dessen Schließen, Beißmechanismus oder „Stil“ sich von anderen Hunderassen unterscheiden würde. Es existiert keine wissenschaftliche Forschung darüber, die belegen kann, dass ein Pit Bull anders beißt als andere Hunde

Es ist Zeit, diesem Mythos endlich ein Ende zu setzen."

Deutsche Übersetzung des Artikels "Myth Busted: Pit Bulls Don´t Bite Differently"  der Animal Farm Foundation, Inc. vom 01.09.2015 durch den Vorstand des Vereins zur Abschaffung der Rasselisten e. V.:



Verein zur Abschaffung der Rasselisten e.V., Neustr. 2, 47638 Straelen Eingetragen im Vereinsregister des AG Geldern unter Nr.: VR 1677 - Impressum

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